Wednesday, February 17, 2010

#200, die Schönheit des Unverständnisses

Wenn man, so wie ich, viel mit Fremdsprachen zu tun hat und von Berufs wegen auch eine Handvoll davon beherrscht, dann wird das Hinhören zur fixen Idee. So wie ich im Ausland das Deutsche, wenn auch aufgrund der Distanz nicht verstehen, so doch anhand von Rhythmus und Kadenz in der Menschenmenge unbedingt dingfest machen muss, so justieren sich meine Ohren wie Parabolantennen in Deutschland, wenn ich eine Sprache höre, die ich normalerweise übersetze. Das geschieht gegen meinen Willen, ich kann nicht anders, wenn ich Gespräche in mir verständlichen (schlimmer noch: halbwegs verständlichen!) Sprachen höre, läuft in meinem Kopf bereits die Simultanübersetzung an. Das ist anstrengend und ermüdend, weil mich schließlich die Alltäglichkeiten der Anderen, egal in welcher Sprache sie vorgetragen werden, auch nicht in besonderem Maße interessieren. So wie ich hinhöre, schauen sich, denke ich mir, Zahnärzte die Gebisse von anderen Fahrgästen in der Metro an.
Deshalb sitze ich in öffentlichen Verkehrsmitteln gerne neben Menschen, die nicht so aussehen, als würden sie irgendeine europäische Sprache sprechen. Denn wenn da zwei auf Arabisch miteinander säuseln, auf Thai kichern oder auf Russisch diskutieren, dann kann ich meine Ohren endlich zuklappen. Die Rede der Anderen hören wie ein beliebiges Geräusch und mich entspannen.

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