Thursday, August 12, 2010

#200, Supermann im Märchenland (Achim)

Vor einem Jahr traf ich Supermann in der Kleingartenanlage Märchenland, nur einen Steinwurf entfernt vom ersten Getreidefeld nördlich Berlins. Ich setzte mich auf eine Bank, verschnaufte und sah zu ihm rüber. Er trug ein paar Plastikgartenschuhe und einen Strohhut, und in den Händen hatte er eine Harke, mit der er die Beete auflockerte. Richtig fit schien er nicht zu sein, denn immer wieder unterbrach er seine Arbeit und trank einen Schluck Bier. Der Schweiß klebte ihm auf der Stirn, sein Kostüm mit dem Blitz hatte Flecken, und sein Bauch quoll aus der Hose. Dennoch schien er guter Dinge zu sein, freute sich über die grüßenden Nachbarn, und streichelte den Kläffer, der ihn ansprang und wild mit dem Schanz wedelte – aber Supermann hatte grade kein Leckerli im eng anliegenden Kostüm. Eine halbe Stunde sah ich ihm zu – er mochte das nicht. Aber ich mochte ihn, und ich nahm mir vor, ihn immer wieder zu besuchen, im Märchenland, nahe den Feldern. Schon zwanzig mal war ich wieder dort, saß auf der Bank, traf den Hund und die Nachbarn wieder – nur Supermann blieb verschwunden. Aber ich weiß, dass er da ist. Erst heute war ich nachsehen. Die Beete seiner Laube sind ordentlich geharkt.

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