Tuesday, September 7, 2010

#198, Aufzug (Achim)

Wir stehen vor einem herrschaftlichen Altbau, Klingeln in Marmor, Rechtsanwaltschildern, und im Treppenhaus ein Aufzug aus Glas, so wie in großen Warenhäusern. Wir benutzen die Treppe, denn wir haben versäumt zu fragen, in welchen Stock wir müssen. Die Wohnung zeigt Luxus, der nichts als Luxus verrät. Ein frischgewaschener schneeweißer Riesenpudel berührt immer wieder mit der Nase mein Knie, um mich zu beruhigen. Nach einigen Minuten entscheide ich, draußen zu warten. Karl versteht das: „ich komme zurecht, geh nur!“

Während Karl in den Kisten die billige Popmusik durchsieht, sitze ich auf einem Poller vor dem Esoterikladen an der Ecke. Eine schlanke Frau mittleren Alters räumt Kitsch, Krempel und Klamotten in sanft bunten Tibetfarben auf die Straße. Ab und an kommen und gehen ähnliche Frauen. Wenn sie den Esoterikladen verlassen, blicken sie freundlich zu mir rüber, kurz nur, um ihrem sanften Blick ein Gegenüber zu gönnen, ohne nahe zu kommen. Mein Gesäß wird kalt, ich wechsele auf den anderen Poller, der schon Sonne hat. „Leg Dir was unter!“ riefen mir die Penner vor Jahren zu. Ich vertraue Profis. Nach zehn Minuten steht Karl im Eingang, schleppt den Pop, grinst frech. Ich will weg „gib Gas!!“ rufe ich auf dem Beifahrersitz.

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