Friday, September 10, 2010

#200, Sarrazin und meine Hände

Über dieses Sarrazin-Buch sprachen wir. Seine Thesen nannte ich unhaltbar und rassistisch, weil ich die taz lese, T. dagegen hielt sie für bedenkenswert, weil er die Süddeutsche liest.
Das Buch selbst hatte keiner von uns beiden jemals geöffnet. Als wir merkten, dass wir jeweils die Meinungen Dritter wiedergaben, mussten wir lachen: Subjektivität ist doch etwas Schönes.

Ich erinnere mich an eine verwickelte Geschichte, die, ganz im Ernst, mit meinen Händen zu tun hat. Ich hasste meine Hände, weil mir R. einmal gesagt hatte, dass sie hässlich seien. S. dagegen, der mit H. zusammen war, fand meine Hände hübsch, hübscher als die H.s, was er ihr auch sagte. Ich hatte jahrelang Komplexe wegen meiner Hände, während H. jahrelang Komplexe wegen ihrer Hände hatte und mich um meine beneidete. Auch hier brachen wir in Gelächter aus, als wir einander die Geschichte später erzählten: Subjektivität ist auch etwas Gefährliches.

Heute habe ich ein abgeklärtes Verhältnis zu meinen Händen. Und zumindest die ersten vierzig Seiten von Sarrazins Buch habe ich mittlerweile überflogen. Ich kann bestätigen: Es ist dumm, und was noch schlimmer ist, auch für Dumme geschrieben.
Immer mehr glaube ich, dass nur ein persönlicher Standpunkt mich vor den Albernheiten der Anderen schützen kann.

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