Tuesday, October 5, 2010

#139, Fundstück IV: Bessere Beispiele hätte ich auch nicht finden können

Mark Aurel: Selbstbetrachtungen

Ferner ist noch zu beachten, dass es selbst in den Ereignissen, die sich in den Erzeugnissen der Natur finden, etwas Reizendes und Anziehendes gibt.
So z.B. bekommt manchmal das Brot beim Backen Spalten, und diese Zwischenräume, welche nicht in der Absicht des Bäckers lagen, haben doch eine gewisse Annehmlichkeit, eine besondere Anziehungskraft für den Appetit.
So brechen auch die Feigen bei ihrer Reife auf; bei den Oliven fügt selbst die Annäherung der Fäulnis noch der Frucht etwas besonders Liebliches hinzu.
Die zur Erde geneigten Ähren, die Augenbrauen des Löwen, der Schaum an der Schnauze des wilden Schweins und so viele andere Dinge haben an und für sich betrachtet nichts Schönes und doch tragen sie zu ihrem Schmucke bei und machen uns Vergnügen, weil sie Zubehör ihres eigenen Wesens sind.

(in der Übersetzung von Albert Wittstock, 1879)

2 comments:

  1. Ist das Faszinierende an den ästhetischen Reizen der Erzeugnisse der Natur nicht ihre Zeitlosigkeit? Du beobachtest Dinge (wie die Spalte im Brot) an denen sich schon ein Mensch vor fast 2000 Jahren erfreute. Ja, Du gibst vor selbst auch keine besseren Beispiele zu finden. Das ist zeitlose Schönheit, große Schönheit. Herzliche Grüße, R

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  2. Schönheit kann zeitlos sein, muss es aber nicht. Ich habe selten den Anspruch auf Zeitlosigkeit, fände es aber trotzden schön, wenn man nachvollziehen könnte, was ich meine - es muss ja nicht auf 2000 Jahre angelegt sein.
    Ganz viele Grüße!

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