Saturday, October 30, 2010

#147, Ödipus auf Cuba

Zeitgenössisches Theater, das ist ja ganz oft: Zigarren rauchen auf der Bühne, sich mit Wasser übergießen oder sich anzünden, Orangen essen, Fäkalien essen, Orangen auf dem Kopf des Spielpartners zerquetschen und danach die Fäkalien, schreien, schubsen, autistisch vor sich hinlallen, ins Publikum kotzen oder doch nur ein bisschen hineinschimpfen. Der zeitgenössische Regisseur wird all seine handwerklichen Tricks in die Waagschale werfen, um zu verhindern, dass ein Text halbwegs ordentlich gesprochen wird, was er als persönliche Niederlage werten würde.
In dem Stück gestern Abend kamen vor: Zigarren, Wasser, Orangen. Keine Fäkalien. Vielleicht lag es ja daran, dass es einer, der Jüngsten, gelang, für einen kurzen Moment zu schauspielern und mit mir im Publikum in Verbindung zu treten. Für wenige Minuten war es mir möglich, das, was sie beschrieb, am Bühnenrand stehend, ins Weite blickend, vor mir zu sehen. Wie einen Film ohne Ton. Dann gingen wieder die Orangen los.

2 comments:

  1. Nackt herumhüpfen und schreien hast Du vergessen.

    Wobei, das ist vielleicht garnicht mehr zeitgemäß, weil Castorf ja auch nicht mehr der Jüngste ist.

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  2. Dochdoch.
    "C: Und dann räum auf, in diesem Restaurant oder Flugzeug durch soziales Unbeholfensein. Versuch, freundlich zu sein und schlag den Gästen das Geschirr um die Ohren und ihre Kotztüten und entwickle Verweigerungsstrategien.
    B: Bedienungen, die AUFRÄUMEN!
    C: RÄUM AUF!
    S: Freundliche Frauen in Dienstleistungsjobs mit brutalen Verweigerungsstrategien."

    (www-slums)
    Ich liebe René Pollesch! Leider habe ich noch nie eins seiner Stücke gesehen. (Zu lesen sind sie jedenfalls fast nicht.)

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