Sunday, December 5, 2010

#195, Die Nacht kippt in den Tag (Achim)

Über die Monate verschiebt sich mein Rhythmus täglich ein wenig mehr in den Abend und in die Nacht. Zur Zeit werde ich um vier Uhr müde und schlafe bis eins – noch ein paar Tage, und die Nacht läuft über: Ich gehe nicht um vier schlafen, sondern warte, bis der Bäcker auf macht, um sechs, einer sogar schon eher. Ich koche Kaffee, esse warme Schrippen, höre die ersten Nachrichten des Tages und tue so, als sei ich auf dem Weg zur Arbeit. Und manchmal setze ich mich tatsächlich in die Ringbahn, morgens um sieben, genieße die schweigende Masse der Menschen in der Bahn, lese die Überschriften der Zeitungen, lausche dem Knistern der Blätter und den anderen zaghaften, noch tagscheuen Geräuschen, die dumpf an mein Ohr dringen, so als würde ich spät abends nach Stunden rauschenden Verkehrs aus dem Auto steigen, in einem Dorf in dem ein alter Bekannter wohnt, der mich erwartet hat, und während ich mich strecke und in der frischen Landluft gähne, geht im Haus das Licht an, die Wohnungstür öffnet sich, und ich blicke mich um und freue mich darauf zu sehen, wie die noch vertraute Landschaft nach Jahren am Tage wirken wird.

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