Friday, February 4, 2011

#200, Wie die Seele an Farbe gewinnt (Achim)

Die Vorstellung, die Seele ließe sich entlasten, indem man sich etwas von ihr redet, ist mehr als sonderbar – als ob ein grauer Schleier von ihr fallen könnte, indem Worte den Mund verlassen, und nach zwei Wein am Ecktisch ist das Gemüt wieder leuchtend rot. Viel spannender finde ich die Vorstellung, sich etwas auf die Seele zu reden, oder alternativ, zu schreiben, zu erzählen oder erzählen zu lassen, so dass mit dem, was erzählt wird, die Seele an Farbe gewinnt.

Wie Worte das aufnehmen können, was in den Sinnen liegt, zum Beispiel zwei Topfenstrudel, die das Wort „Stütze“ beschreiben, so wünsche ich mir Worte, die die Seele beschreiben können. Wenn es gelänge, in Worten die Farben des Topfenstrudels zu fangen, so könnte die Seele mit Worten an dem, was mit ihnen gefunden wurde, an Glanz gewinnen. Schreiben verliefe von außen nach innen: Das, was vor Augen liegt, beschreibt Worte, und die Worte wiederum beschreiben die Seele. Farbe und Glanz dessen, was der Kosmos hergibt, könnte Grund genug sein, die Augen weit auf zu machen und Schönheiten aufzusagen, so wie sie sich finden und wahrhaftig sind. Aufmerksamkeit ist eine Tugend, denn die Farbe der Seele ist der Glanz der geschilderten Welt.

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