Thursday, February 3, 2011

#200, Konjunktiv II: Glücklichere Umstände

Jeder ist seines Glückes Schmied, Volksweisheit. Vielleicht stimmt sie solange, wie man nicht Frau ist und Geisteswissenschaftlerin. Um in dieser Kombination einen dezenten beruflichen Erfolg jenseits des Praktikums zu haben, ist man definitiv auf glückliche Umstände angewiesen. Auch die Zufälle natürlich gilt es zu nutzen, ich sage nicht, dass es hier nicht auf die Eigeninitiative ankäme. Doch: Jeder ist seines Glückes Schmied, dieses kapitalistische Postulat vom Einsatz, der belohnt wird, das kann man den Erfolgs-Calvinisten ruhig abschlagen. Man muss ihnen ja nicht alles abkaufen, was sie einem als Selbstgeißelungs-Instrument so anbieten. Und wenn ich also schon auf die glücklichen Umstände angewiesen bin, dann wäre es doch schön, wenn sie ein wenig glücklicher wären, die Umstände.
Zum Beispiel könnte ich in Frankfurt mit dem Verleger auf eine verspätete Tram warten, und das Gespräch könnte Wochen darauf in den Geschäftsräumen fortgeführt werden, wo mir der ältere Herr erzählen würde, mein Buch begeistert verschlungen zu haben.
Oder meine Bewerbung, die wie immer ein wenig später als die meisten eingegangen wäre, könnte sich gerade aus diesem Grund als die einzig brauchbare erweisen, weil die unterbezahlte Personalmanagement-Praktikantin ihren Kaffee auf dem Stapel der anderen 169 Mappen umgekippt hätte. Wahlweise ließe sich das auch wechselseitig denken.

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