Thursday, June 10, 2010

#190, Flugs nach China

Neben mir sitzt einer dieser Typen, die ihr Leben auf Flughäfen verbringen müssen. Er blickt in den Laptop und notiert Zahlen auf einem Zettel. Eine junge Frau, die dieses Schicksal bald mit ihm teilen könnte, setzt sich zwischen uns. Er telefoniert, erklärt Verspätungen, sagt einen Termin in Barcelona ab. Das Leadershipmeeting in China drückt auf den Zeitplan. Ich sehe nach dem Infoscreen, die Frau mit der sauberen Blues kramt in ihrem Businessgepäck.

Sein Englisch hatte einen charakterlosen internationalen Businessakzent, der weltweit verstanden wird und seine Herkunft verschleiert. Vielleicht ist er auf der Durchreise, vielleicht kommt er aus Bayern, aus Holland oder aus der Schweiz. Der Infoscreen wiederholt kitschig dick auftragende Kunstkurzfilme. Ich langweile mich, lasse den Blick schweifen. Die Frau findet einen Apfel, steht auf und wandert durch die Halle.

Der Flug wird aufgerufen. Mein Nachbar ignorierte die Schlange und stellte sich gleich neben den ersten – Augen zu, Kopf in die Luft. Keiner wunderte sich, er kennt das. Er verschwand aus dem Blick, bevor jemand seinem Ärger Luft machen kann. Im Flugzeug ist er nicht mehr zu finden. Ich habe Glück, der Fensterplatz neben mir bleibt frei.

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