Friday, July 23, 2010

#155, Schlaraffen-WG

L. ist ein echter Schlaraff. Ich erkenne es nach ihrer Abreise. Überall in meiner Wohnung finden sich Spuren von ihr: Die Lampe auf dem Nachttisch hatte einen roten Schirm, als wir sie beim Trödler kauften, L. nennt sie die Madame-Bovary-Lampe.
In der Küche steht ein Strauß Rosen, den L. nicht einfach ins Wasser gestellt hat. Sie hat ihn für mich drapiert. Das Essen, das sie am Abend zuvor gekocht hat und von dem reichlich übrig blieb, enthebt mich heute aller Überlegungen zur Nahrungsaufnahme. Ich bin bestens versorgt. Dazu kommen die Schokoladen-Variationen, die L. angeschafft hat und die ich mir selbst nicht kaufen würde, die Säfte. Die Schrift, in der sie mir ihren kleinen Abschiedsgruß hinterlässt, ist üppig und trägt weite Schleifen.
L.s Weltsicht ist geprägt von einem erstaunten Utilitarismus, wie ihn nur Leute besitzen, die überhaupt nicht praktisch denken.
Und sogar die Art, wie L. ihre Flip-Flops bei mir hat liegen lassen, ist irgendwie mondän.

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