Sunday, October 17, 2010

#196, Dinge, die vor Büchern stehen (Achim)

Einmal sah ich mir die Bücher einer Frau an, während sie mir einen Kaffee kochte. Sie kam aus der Küche, den Kaffee in der Hand, und in ihrem Gesicht stand der Zorn. Ihre Bücher waren ihr heilig, und auch wenn mir die Titel alles andere als verdächtig erschienen, war ihr mein neugieriger Blick deutlich zu persönlich. Es blieb bei diesem Kaffee und dem bösen Blick, und auch die Neugier auf Bücher, die andere im Regal haben, ließ über die Jahre nach.

Interessanter finde ich die Dinge, die vor den Büchern stehen, Postkarten und Tierfiguren aus Ton oder Glas, schöne Streichholzbriefe aus dem Urlaub, Stifte, Gebasteltes aus Papier, Bilder der Kinder, Nichten oder Neffen, Schneekugeln, alles Dinge, die man behutsam beiseite nehmen muss, um an ein Buch zu kommen. Und manchmal, nach Jahren der Gewöhnung an Reliquien des nun schlummernden Bildungseifers, geraten Dinge des Alltags vor die Bücher, Flaschen, Stifte, Kerzen, sogar zwei Dosen Kartoffeleintopf habe ich neulich gesehen. Ich nahm eine der Dosen, las die Zutaten, staunte, und bekam Appetit. Vorsichtig stellte ich die Dose zurück, schob die Bücher etwas nach hinten, damit sie Platz hat und sicher steht und nicht aus Versehen zu Boden fällt.

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