Wednesday, November 17, 2010

#200, Die Sonne über der moralischen Welt

Das kubanische Konsulat steht zwischen einer Netto-Filiale und der Botschaft von Moldavien. Für unsere Touristenkarte schickt man uns ums Eck, dort öffnet sich der hohe Metallzaun erst, als wir klingeln, aber dann schreiten wir auf einem schwarzen Plastikläufer mit bunten Punkten durch den Eingang.
Bevor wir noch am Informationsschalter sind, kommen wir an einer Che-Guevara-Büste vorbei und an einem Gemälde in fröhlichen Farben, das das siegreiche kubanische Volk in einem Boot zeigt und mit der Bildunterschrift Venceremos! versehen ist.
Unsere Touristenkarte bekommen wir sofort, der Mann hinter dem Tresen ist weder Kubaner noch Berliner, er ist freundlich. Während er unsere Pässe kopiert, bittet er uns, kurz Platz zu nehmen. Auch für unsere Unterhaltung ist gesorgt, es liegt die April-Ausgabe der patriotisch-kulturellen Monatszeitschrift El Sol del Mundo Moral aus. Darin sprechen die Autoren über die Revolution von gestern, über den Kommunismus von heute und vor allem über die Generation von morgen: Die jungen Leute scheinen einfach nur weg zu wollen. Das beunruhigt die Autoren, und während ich linken Stammtisch-Diskussionen in Deutschland fast gar nicht mehr zuhören kann, finde ich El Sol del Mundo Moral faszinierend. Das Wort Kommunismus hat hier einen realen Bezug. Was genau es bedeutet, werde ich noch herausfinden.

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