Thursday, November 25, 2010

#200, Zitierbarkeit des Zitatcharakters (Achim)

Ich kenne einen Philosophen, der so gut ist, dass niemand ihn versteht, weder Professoren noch Bekannte. Fast niemand kennt ihn, denn alles was er schreibt, Zettel mit ein paar maschinengeschriebenen Zeilen, geistern in engem Kreis durch ein paar Hände, die ihm wohlgesonnen sind. In kürzeren Abschnitten als diesem hier gelingt es ihm, dem Leser einen Knoten in den Kopf zu zaubern, fester als Hegel dies jemals erreichte. In einem dieser Texte taucht die Wendung auf, die mir nicht mehr aus dem Sinn geht, obgleich ich auch nach Jahren nicht dem Ansatz nach eine Ahnung habe, was sie sagen soll: Die Zitierbarkeit des Zitatcharakters. Ich lag nächtelang wach und versuchte festzuhalten, was denn dies sei, ein Zitatcharakter, und wenn mir dies beinahe glückte und ich versuchte die Zitierbarkeit zu fassen, so entglitt mir der Zitatcharakter noch ehe ich sie im Geiste anbei stellen konnte. Nun, nach Jahren und Nächten des Ringens, habe ich beschlossen, eine Abhandlung zu schreiben, die dem Zauber dieser knotenbildenden Wendung nahe genug kommt, um mit ihr Frieden schließen zu können. Und sollte es mir auch nicht gelingen, sie zu durchdringen oder zu fassen, so will ich wenigstens ihre Schönheit erweisen, die nur ein Dichter zu schaffen vermag.

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