Sunday, December 26, 2010

#200, Schneeschaufel (Achim)

Nach Jahren durch Bonn zu laufen ist wunderbar. Als ob ein Hebel umgelegt wurde ist mein Orientierungssinn wieder da, und ich folge meinen Beinen zielsicher durch Straßen, die mir noch gestern vergessen schienen. Ich staune, wie vertraut mir eine Stadt und ihr Rhythmus nach so langer Zeit noch sein kann, und wie schnell ich mich wieder in einer Weise in ihr bewege, die Jahre der Gewöhnung fordert. Ich sehe mich nach bekannten Gesichtern um – träfe ich jemanden, ich würde nur fragen, wo er die letzte Zeit gesteckt hat und verwirrt auf das Kind an seiner Seite sehen.

Heute räume ich den Schnee vor dem Haus meiner Eltern. Ich greife die Schneeschaufel vor der Tür und schätze ihr Gewicht. Sie erscheint mir etwas klein, aber sie liegt gut in der Hand. Sekunden später, mit dem ersten Schwung im Schnee, erinnere ich mich an eine Bewegung und eine Arbeit, die mir als Kind in den Bergen vertraut war. Ich muss sie nun über 25 Jahre in den damals noch kindlichen Armen getragen haben und mit ihr gewachsen sein, ohne dass ich davon etwas wusste, und ich staune, wie gut ich diesen Schwung einstmals beherrscht haben muss.

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