Monday, January 17, 2011

#199, Listen (Achim)

Immer wieder bekomme ich Listen von Platten. Ich meine keine mit dem Computer erstellten Tabellen, sondern solche, die in den 50er und 60er Jahren modern waren, Listen, die eigentlich Verzeichnisse sind, mit der Schreibmaschine getippte Karteikarten die ein mürber Gummi zusammenhält, oder Ordner, die Adressbüchern ähneln und in die die Titel eingetragen sind, dazu stets Nummern, die als kleine goldene Aufkleber auch auf den Platten zu finden sind. In dieser Reihenfolge standen sie im Regal, meist so, wie sie gekauft wurden, Schlagerplatten, Karneval, die schönsten Werke von Beethoven, die Platte mit den Herrenabendwitzen, die eine aus dem Urlaub in Griechenland, und die zwei für Weihnachten. Wurde eine Platte angeschafft, wird einer in der Familie die Schreibmaschine auf den Tisch gestellt und mit der Platte in einer Hand die Liste ergänzt haben. Die Platten zu solchen Listen sind fast immer ungenießbar, aber die Listen selber, die sind schön. Sie zeigen eine eigene Handschrift, eine Art spießiger Fürsorge, die aus heutiger Sicht lächerlich scheint. Registriert und fügsam, so enden die Platten im Schrank – ein sinnloser Anstand, der da ans Licht kommt. Dennoch fällt es mir schwer, die Listen wegzuwerfen – die Platten will ich nicht, aber die Listen, die will ich sammeln.

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